Tuberkulose ist in Deutschland fast ausgerottet - aber eben nur fast. Die Tatsache, dass die Krankheit glücklicherweise nur selten vorkommt, macht die jedoch Behandlung nicht leichter. Normale Antibiotika helfen meist nicht mehr. Das Internet-Gesundheitsportal www.imedo.de berichtet.
„Viele starben im Krieg daran“, erzählt eine ältere Dame. Heute ist die Krankheit fast vergessen. Ihre Enkel wüssten nicht, dass Tbc dasselbe sei wie Schwindsucht und noch dazu eine schwere Lungenerkrankung, beklagt die Frau. Selbst die meisten Ärzte bekommen nur selten Tuberkulose-Patienten zu Gesicht. Hierzulande steckt sich nur einer von 1000 Menschen jedes Jahr mit dem Mycobakterium tuberculosis an.
Forscher setzen auf neue Impfstoffe gegen Tuberkulose
Und trotzdem macht die Infektionskrankheit den Medizinern neuerdings wieder Sorgen. Weltweit gesehen breitet sie sich nämlich aus, wie die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtet. Jedes Jahr erliegen mindestens 1,6 Millionen Menschen den Folgen der Erkrankung. Noch dazu häufen sich Erreger, gegen die herkömmliche Antibiotika nichts mehr ausrichten können. Immer mehr dieser Resistenzen beobachten Lungenärzte in den Spezialkliniken. Auch hierzulande.
Therapie von Tuberkulose ist schwierig
Im Klinikum Nürnberg Nord beispielsweise liegen derzeit sechs Patienten, bei denen eines oder mehrere Medikamente nicht helfen. „Wir haben gerade einen besonders schweren Fall: eine Patientin mit siebenfacher Resistenz“, berichtet Joachim Ficker, Pneumologe des Klinikums. Solche Verläufe sind schwierig zu behandeln. Zum Teil müssen wir auf Medikamente zurückgreifen, die nicht zugelassen sind, die teilweise aus der Lepra-Therapie stammen. Natürlich kann das mit Nebenwirkungen verbunden sein.“
Die Patientin in der Nürnberger Klinik stammt aus Osteuropa. Gerade in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion würden häufig Infizierte mit Mehrfachresistenzen gemeldet, weiß Molekularbiologe Timo Ulrichs. „Die Erkrankung wurde dort lange Zeit nicht richtig behandelt“, sagt er. So konnten sich hartnäckige Tbc-Bakterien ausbreiten. Ulrichs setzt sich am Koch-Metschnikow-Forum in Berlin dafür ein, den Vormarsch der Schwindsucht in Osteuropa einzudämmen.
Ein Impfstoff würde die Welt von Tbc-Erregern befreien
Tbc-Erreger können sich im Körper in sogenannten Tuberkeln abkapseln und darin ausharren, ohne vom Immunsystem erkannt zu werden. In diesem Dämmerzustand können Arzneien den Bakterien nichts anhaben. Deshalb ist die Krankheit bis heute schwierig zu behandeln. Ein Impfstoff könnte jedoch die Welt von der Krankheit befreien, sagt Ulrichs. Deshalb konzentrieren sich die Anstrengungen vieler Forscher auf die Entwicklung eines Serums.
Bislang können Ärzte lediglich auf einen Impfstoff zurückgreifen, der auf einem abgeschwächten Rinder-Tuberkulosebazillus vom Typ BCG beruht. Dieser bietet aber nur ungenügenden Schutz: Er vermag Kinder vor einer schweren Form der Lungenerkrankung zu bewahren. Erwachsenen hilft er jedoch nicht. Die Ansteckung konnte er in keinem Fall verhindern.
T-Zellen werden gebraucht um Tuberkulose zu bekämpfen
Die Impfbazillen können das Immunsystem nicht dazu veranlassen, alle erforderlichen Typen von T-Zellen gegen den Erreger zu bilden. Es fehlen so genannte CD8-positive T-Zellen - CD8 steht für ein Erkennungsmolekül auf der Zelloberfläche. Diese Blutzellen sind nötig, um die versteckten Tuberkulose-Bakterien im Körper zu bekämpfen. Ohne sie lässt sich der Ausbruch der Krankheit nicht zuverlässig abwenden, wie die Forscher heute wissen. „Bei Masern und Mumps braucht man nur Antikörper. Aber bei chronischen Infektionskrankheiten wie Tuberkulose müssen auch verschiedene T-Zellen zur Verfügung stehen. Man braucht eine vollkommen andere Immunantwort“, erläutert Stefan Kaufmann am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie. Sein Team arbeitet an einem neuen Impfstoff.
Die Berliner Infektionsforscher haben den BCG-Stamm gentechnisch so verändert, dass er vom Immunsystem besser erkannt wird und wehrhafte T-Zellen entstehen. Dazu wurde der Bauplan für ein Eiweiß aus Listerien eingefügt. Listerien sind Krankheitserreger, die sich in den Zellen sehr rasch verbreiten können. Verantwortlich für dieses Vagabundenleben ist das Eiweiß Listeriolysin. Indem Kaufmanns Team den BCG-Impfstoff ebenfalls mit diesem Eiweiß ausgestattet hat, kann dieser sich leichter in den Zellen ausbreiten. Das Immunsystem sollte so im Idealfall sowohl Antikörper als auch die unterschiedlichen T-Zellen gegen den Erreger bilden und damit besser gegen Tbc gewappnet sein.
Test des neuen Impfstoffes gegen Tbc geplant
Aus Versuchen an Mäusen wissen die Forscher bereits, dass das Immunsystem mit diesem modifizierten Impfstoff einen deutlich besseren Schutz aufbaut als mit dem herkömmlichen BCG-Impfstoff. Die Zahl der Tbc-Erreger in den Mäusen war um mehrere Zehnerpotenzen geringer als sonst. Völlig vernichten ließen sie sich jedoch nicht. „Unser Ziel ist, den Ausbruch der Tbc mit unserem neuen Impfstoff zu unterdrücken. Die Infektion selbst zu verhindern, ist illusorisch“, sagt Kaufmann. Derzeit überprüft das Paul-Ehrlich-Institut in Langen, ob der modifizierte Impfstamm für klinische Studien geeignet ist. Falls das Institut keine Einwände hat, könnten in zwei Monaten Tests an gesunden Erwachsenen geplant werden.
Die imedo-Gesundheitnews informieren umfassend über die Thematik Tuberkulose: Neuer Impfstoff gegen Tuberkulose wird klinisch geprüft, Tuberkulose im Vormarsch, Tuberkulose im Wachstum.