Nach einen Schlagfall leiden Betroffene oft noch Jahre danach unter den Folgen. Eine neue Behandlungsmethode verspricht nun Besserung. Stammzellen werden millionenfach reproduziert und in das Hirngewebe eingesetzt. Experten prüfen testen nun, ob die Methode tatsächlich Zukunft hat. Das Internet-Gesundheitsportal www.imedo.de berichtet.
An Gehirnblutungen dachte Walter Bast zunächst nicht. Er hatte eines Morgens im Oktober merkwürdige Taubheitsgefühle im Gesicht. „Mir fiel beim Essen wieder alles aus dem Mund“, berichtet der 49-Jährige am Dienstag im International Neuroscience Institute, INI, in Hannover. Wenig später lag Bast im Operationssaal und wurde wegen schwerer Gehirnblutungen infolge eines Schlaganfalls operiert. Einmalig ist dabei, dass Bast als erstem Patienten weltweit regeneratives Stammzellmaterial ins Hirn eingepflanzt wurde, wie INI-Neurochirurg Thomas Brinker stolz verkündet.
Schnelle Genesung nach Stammzellentherapie
Möglicherweise geht es dem 49-Jährigen deshalb wieder ausgesprochen gut. Bereits etwa eine Woche nach dem Eingriff habe sich seine Situation um gefühlte „95 Prozent“ verbessert, sagt er. Die Lähmungserscheinungen waren weitgehend verschwunden, die geschädigten Hirnareale hatten sich durch die Zelltherapie offenbar wieder erholt.
Schlaganfall: Folgen sind oft jahrelang zu spüren
Millionen anderer Schlaganfall-Patienten in Deutschland haben dieses Glück nicht. Sie leiden oft noch jahrelang nach einem Hirninfarkt unter Sprach- und motorischen Störungen, weil Hirngewebe entweder durch Blutungen oder Sauerstoffmangel infolge eines Gefäßverschlusses abstirbt. Zwar könnten Experten Gehirnblutungen heutzutage operativ stoppen, sagt der stellvertretende Direktor des INI, Amir Samii. Aber die geschädigten Hirnbereiche seien mit konventionellen Operationsmethoden nur schwer wiederherzustellen.
Den Hannoveraner Medizinern ist mit ihrem Stammzellverfahren nun möglicherweise ein Durchbruch bei der Behandlung von Schlaganfall-Patienten mit Gehirnblutungen gelungen. Die bei Bast eingepflanzten gut zehn Millionen Stammzellen hatten Wissenschaftler vorher gentechnisch so verändert, dass sie die infolge des Schlaganfalls geschädigten Hirnareale durch die Produktion bestimmter Eiweißstoffe wiederherstellen können, wie Studienleiter Brinker erläutert.
Experten umgeben Stammzellen mit Arzneikapsel
Entscheidend für den Heilungsverlauf ist nach seinen Worten, dass die Stammzellen, die aus dem Knochenmark einer fremden Person stammen, und die Forscher im Labor millionenfach reproduzieren können, nicht direkt mit dem Hirngewebe des Patienten in Kontakt kommen. Denn die weißen Blutkörperchen des Immunsystems attackieren Fremdgewebe normalerweise sofort und stoßen es ab.
Deshalb umgeben Experten die Stammzellen zunächst mit einer Art Arzneikapsel aus Bio-Polymer, wie Brinker berichtet. Fresszellen des Immunsystems versperren sie dadurch den Weg zu den Stammzellen. Aber umgekehrt fänden von den Stammzellen produzierte Eiweißstoffe, die die körpereigene Regeneration ankurbeln sollen, sehr wohl den Weg nach draußen, ins kranke Hirngewebe.
Stammzellenbehandlung: Keine unerwünschten Nebenwirkungen
Insgesamt implantierten Mediziner Bast 2400 dieser Arzneikapseln, von denen jede einzelne 3000 Stammzellen enthielt. Die Kapseln verstauten die Chirurgen laut Brinker in einer Art „Teebeutel“ von 1,5 mal 1,5 Zentimeter Größe, den sie anschließend mikroskopisch in die von den Blutungen geschädigten Hirnareale verpflanzten. Nach zwei Wochen wurde der Teebeutel wieder aus dem Kopf entfernt. „Wir glauben, dass die Stammzellen nach diesem Zeitraum ihre Wirkung entfaltet haben“, sagt Brinker.
Die neue Methode der Neurochirurgen befindet sich derzeit noch in der klinischen Erprobung. Sicher ist den Angaben zufolge bisher nur, dass die Therapie anwendungssicher ist, das heißt keine unerwünschten Nebenwirkungen hat. Ob sich die Therapie tatsächlich positiv auf den Heilungsverlauf bei Hirnblutungen, aber auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer auswirkt, wollen Experten nun zunächst an weiteren 20 Patienten testen. Versuche an Ratten mit Schädelhirn-Trauma hätten diese Wirksamkeit bereits belegt, sagt Brinker.
Auch Alzheimer kommt vor allem im höheren Lebensalter vor. Informationen über die Krankheit erhalten Sie mit Hilfe der imedo-Gesundheitsnews.