„Kinderkrankheiten sind keineswegs harmlos“, sagt Ursel Lindlbauer-Eisenach. Die Münchner Kinderärztin ist Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko), die am Berliner Robert Koch-Institut angesiedelt ist. Die Stiko veröffentlicht auch den Impfkalender, der die jeweils aktuellen Empfehlungen für Impfungen enthält. Vor allem in den vergangenen Jahren seien hier einige neue Impfungen dazugekommen, berichtet Lindlbauer-Eisenach.
Empfehlung: Impfung gegen Windpocken
Die Stiko seit 2004 eine allgemeine Impfung gegen Windpocken. In der Begründung betonen die beteiligten Mediziner dabei auch den Kollektivschutz, der mit der Impfung einhergeht. Dank dieser sogenannten Herdenimmunität sind nicht nur geimpfte Personen geschützt. Auch Ungeimpfte profitieren von der allgemeinen Immunisierung, weil die Wahrscheinlichkeit, mit Erkrankten in Kontakt zu kommen, insgesamt sinkt. Neu im Impfkalender: Pneumokokken Ebenfalls neu in den Impfkalender aufgenommen wurde die Impfung gegen Pneumokokken. Diese Bakterien können schwere Infektionen wie Hirnhautentzündung oder Blutvergiftung verursachen und Krankheiten wie Mittelohrentzündung oder Lungenentzündungen auslösen. Für ältere Kinder und Erwachsene stand hier schon seit längerem ein Impfstoff zur Verfügung. Dieser Impfstoff bewirkte allerdings bei Säuglingen und Kleinkindern keinen ausreichenden Impfschutz. Grund dafür waren Besonderheiten im Immunsystem von Kleinkindern. Die körpereigene Abwehr von Säuglingen erkennt die Pneumokokken nur schlecht, da die Erreger mit einer Kapsel aus Zuckermolekülen, sogenannten Polysacchariden, umgeben sind. Damit das Immunsystem von Säuglingen die eindringenden Pneumokokken-Erreger erkennen kann, griff der Impfstoffhersteller daher zu einem Trick: Er koppelte Teile der Zucker-Kapsel an Eiweiße, die vom Immunsystem besser erkannt werden. Dank dieses sogenannten Konjugat-Impfstoffes könnten Kinder schon ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat gegen Pneumokokken geimpft werden, erklärt Anika Wichert vom Arzneimittelhersteller Wyeth Pharma. Impfschutz gegen Meningokokken Noch nicht erfüllt habe sich der Wunsch vieler Mediziner nach einem Impfstoff gegen Meningokokken vom Typ B, erklärt Sabine Reiter vom Robert Koch-Institut. Die Wissenschaftlerin leitet dort das Fachgebiet <!-- @page { margin: 2cm } P { margin-bottom: 0.21cm }„Impfprävention“. Sie erläutert, dass es gegen Meningokokken des Typs C bereits einen Impfstoff gebe. Dieser bietet allerdings keinen Schutz gegen Erreger der Gruppe B, die in Deutschland rund 70 Prozent aller Erkrankungen verursachen. Betroffen davon sind vor allem Kleinkinder und Jugendliche - noch heute sterben fast zehn Prozent der Patienten. Aber auch wenn noch kein vorbeugender Schutz gegen Meningokokken vom Typ B existiert, sollten Eltern ihre Kinder gegen Meningokokken impfen lassen, empfiehlt die STIKO. Dadurch sinke zumindest das Risiko, an Erregern des Typs C zu erkranken. Keine offizielle Empfehlung der Stiko hat bislang die Impfung gegen Rotaviren. Die Erreger verursachen bei Kindern vor allem Erbrechen und Durchfallerkrankungen. Seit 2006 sind in Deutschland zwei Impfstoffe gegen Rotaviren zugelassen. Daten aus Österreich zeigten, dass die Impfungen tatsächlich zu einem deutlichen Rückgang an Krankenhausaufenthalten wegen Rotaviren-Erkrankungen führen. In Österreich ist die Impfung seit 2006 offiziell empfohlen. Einzelne Kassen übernehmen Kosten gegen Rotaviren Hinter der zurückhaltenden Einstellung der Stiko zum Rotaviren-Impfstoff stehen allerdings auch finanzielle Überlegungen: Sobald die Stiko eine Empfehlung für einen Impfstoff ausspricht, sind die Krankenkassen verpflichtet, die Kosten für die entsprechende Impfung zu übernehmen. Einzelne Krankenkassen bezahlen allerdings auch heute schon die Impfung gegen Rotaviren. Interessierte Eltern sollten daher im Zweifelsfall bei ihrer Kasse nachfragen.Ein Trend bei der Impfstoffentwicklung dürfte vor allem Eltern und Kinder freuen: Immer mehr Impfstoffe werden in Form von Kombinationsimpfungen angeboten, so dass nicht für jede einzelne Impfung ein Arztbesuch nötig ist. Zeit und Nerven der Eltern würden dabei ebenso geschont wie die Ärmchen der Kinder, erklärt Sabine Reiter: „Wir wollen die Kleinen schließlich nicht zu Nadelkissen machen.“
Die imedo-Gesundheitsredaktion rät: Eltern sollten ihre Kinder auf den Arztbesuch vorbereiten.