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Immer mehr Kaufsüchtige: Therapieplätze reichen nicht aus

25. Oktober 2008 4 Kommentare
Das Internet-Gesundheitsportal www.imedo.de warnt: Kaufsucht ist in Deutschland ähnlich weit verbreitet wie Depression. Inzwischen gibt es zwar bewährte Therapien, die Betroffenen aus der Sucht helfen, die Nachfrage übersteigt aber mittlerweile die Therapieplätze, die es hierzulande gibt. Beim ersten Anblick war Michael Neuner erschüttert. Im Keller der Frau türmten sich die Tüten bis unter die Decke, soweit das Auge reicht. Unmöglich, den Raum auch nur zu betreten. Aus den Einkaufstaschen quollen Kleidungsstücke, an denen noch die Etiketten hingen, unberührt und ungetragen. Der Schock sitzt tief, obwohl Michael Neuner längst weiß: Die Dame ist kaufsüchtig. Sie hat sich an ihn gewandt, weil er sich am Transatlantik-Institut der Fachhochschule in Ludwigshafen mit dem krankhaften Kaufen beschäftigt. Kaufsucht: Immer mehr und immer teurer kaufen Die Betroffenen empfänden den unwiderstehlichen Drang zu kaufen, sagt Neuner. Beim Anblick der Ware verlieren sie jegliche Kontrolle und fühlen sich gezwungen zuzuschlagen. Unbehandelt nimmt diese Impulskontrollstörung immer drastischere Ausmaße an: Es wird immer mehr und immer teurer eingekauft. Nur im Moment der Kaufhandlung macht sich dabei ein Gefühl der Befriedigung breit, das kurz darauf jedoch oft in Schuldgefühle umschlägt, weil den Betroffenen bewusst wird, dass sie eine unnötige Besorgung getätigt haben. „Fast immer kaufen die Betroffenen Produkte, die sie nie benutzen, die sie dann zu Hause aufbewahren oder verschenken“, schildert Neuner. Nicht selten fällt die Verhaltensstörung erst auf, wenn das Konto aufgrund der ständigen Ausgaben ins Minus rutscht. Die existenzbedrohende Situation erlaubt es dann nicht länger, vor dem seelischen Problem die Augen zu verschließen. Kaufsucht ist so weit verbreitet wie Depression Obwohl das Phänomen der Kaufsucht bislang kaum von sich Reden machte, ist es ähnlich weit verbreitet wie Depressionen. Der Leipziger Psychiater Emil Kraepelin beschrieb es schon Anfang des 20. Jahrhunderts als „Oniomanie“. Inzwischen seien etwa acht Prozent der Deutschen kaufsuchtgefährdet, errechneten die Ludwigshafener Kaufsuchtforscher anhand einer Umfrage. „Ich gehe davon aus, dass die Zahl weiter steigen wird“, sagt Neuner. Menschen mit Kaufsucht kompensieren mangelndes Selbstwertgefühl Frauen und Männer bevorzugen dabei unterschiedliche Produkte: Während Sie zu Schuhen, Kleidung, Kosmetika oder Lebensmitteln greift, bedient er sich bei elektronischen Geräten und Sportartikeln. Mit den Käufen kompensieren die Betroffenen ein mangelndes Selbstwertgefühl oder verdrängen Ängste, beschreibt Neuner einige der Ursachen. Aber auch die Verlockungen des Shoppings waren nie größer als heute. Sonderangebote winken an jeder Ecke, Ware kann in Raten oder auch auf Privatkredit erworben werden, und im Internet reicht sogar ein einziger Klick. Das Geld entschwindet unterdessen still und unsichtbar aus dem Portemonnaie. Verhaltenstherapie analysiert Kaufverhalten bei Kaufsucht Obwohl die Kaufsucht viele Haushalte belastet und Beziehungen ruiniert, hatte bislang niemand systematisch untersucht, wie man den Betroffenen helfen kann. Martina de Zwaan von der Psychosomatischen und Psychotherapeutischen Abteilung der Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Lücke nun geschlossen. Sie unterzog eine Gruppe von 62 Kaufsüchtigen zehn Wochen lang einer Verhaltenstherapie. Zunächst wurde das Kaufverhalten analysiert und die Einkäufe protokolliert. „Ein unverzichtbarer erster Schritt ist, zwischen unangemessenen und angemessenen Einkäufen zu unterscheiden“, schildert sie. „Die Gruppendynamik macht dabei sehr viel aus, weil die Betroffenen sich gegenseitig besser entlarven können.“ In der Realität rechtfertigen Patienten unnütze Besorgungen oft als notwendig. Eine Patientin habe beispielsweise einmal im Monat ihre Wohnung umdekoriert und musste dafür laufend Deko-Artikel kaufen. Erst nachdem die unnötigen Käufe aufgedeckt sind, suchen Therapeten und Patienten nach möglichen Auslösern. Mit dieser Behandlungsmethode konnte de Zwaan einen großen Erfolg verbuchen: Alle Teilnehmer profitierten von der Gruppentherapie. Sehr viele konnten ihre Kauflust kontrollieren. Ein halbes Jahr danach hatte niemand einen Rückfall erlitten, wie sie im „Journal of Clinical Psychiatry“ berichtet. Etwas weniger wirksam erwies sich die Therapie bei jenen Teilnehmern, die die gekauften Produkte horten. Man müsse das Horten in die Therapie einbeziehen, glaubt de Zwaan. Sie möchte die Therapie dafür weiterentwickeln. Absolute Abstinenz kann kein Therapieziel bei Kaufsucht sein Die Betroffenen werden aber auch nach der Therapie nicht geheilt sein - ähnlich wie Alkohol- oder Drogenabhängige. Sie verspüren immer wieder den Drang, viel einzukaufen. Es werde auch Rückfälle geben, stellt de Zwaan klar. Kaufen ist gesellschaftlich anerkannt, weder tabuisiert noch entbehrlich wie Drogenkonsum. „Absolute Abstinenz kann kein Therapieziel sein“, sagt die Erlanger Wissenschaftlerin. Kaufanfällige Gemüter müssen lernen, mit ihrem Faible umzugehen und einen einmaligen Kaufrausch als Warnsignal zu verstehen, um Maßnahmen zu ergreifen. Seit die Erlanger Gruppe Therapiesitzungen für Kaufsüchtige anbietet, melden sich mehr und mehr Betroffene. Längst reichen die Plätze in den Kursen nicht mehr aus. De Zwaan hofft nun, dass andere Psychotherapeuten ebenfalls die spezifische Therapie anbieten. Die Schaufensterkrankheit könnte der Bezeichnung nach, der Kaufsucht ähnlich sein, ist sie aber nicht. Informieren Sie sich mit Hilfe der imedo-Gesundheitsnews über die Schaufensterkrankheit.
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