Sommer, Sonne, Reisezeit. Neben Strand, Meer und Erholung kann der Urlaub auch negative Nebeneffekte haben. Montezumas Rache, Hepatitis A und Malaria sind nur einige von ihnen. Doch nicht nur auf Reisen, auch in heimischen Gefilden sollte man in Bezug auf Infektionskrankheiten vorsichtig sein. Der Infektionsbiologe Thomas Ziegler ist Experte auf dem Gebiet und steht dem Internet-Gesundheitsportal www.imedo.de Rede und Antwort.
imedo: Warum muss man auch im Sommer mit Infektionskrankheiten rechnen?
Thomas Ziegler: Die Wärme begünstigt die Vermehrung von bestimmten Bakterien in Lebensmitteln wie Geflügel, Fisch, Eierspeisen und Trinkwasser.
imedo: Welche Erreger können in Lebensmitteln und im Trinkwasser vorkommen?
Thomas Ziegler: Bekannte Erreger sind Salmonellen, Campylobacter, Shigellen und enterohämorrhagische Escherichia coli, kurz Ehec. Die Folgen solcher Erkrankungen sind ernsthafte Magen-Darm-Beschwerden mit Durchfall, der zu erheblichen Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten führen kann. Weitere Beispiele für Infektionskrankheiten, die im Sommer und Frühherbst vermehrt auftreten, sind die Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningo-Encephalitis, kurz FSME, da in dieser Jahreszeit der gemeine Holzbock, auch Ixodes ricinus genannt, eine hierzulande weit verbreitete Zeckenart, aktiv ist und die Erreger durch seinen Stich auf den Menschen übertragen kann.
imedo: Welche Infektionen sind hierzulande von Bedeutung?
Thomas Ziegler: In erster Linie spielen Infekte der Atemwege sowie Durchfallerkrankungen eine wichtige Rolle, aber auch HIV-Infektionen, Hepatitis, Meningitis und Geschlechtskrankheiten, wie Syphilis und Gonorrhöe, gehören zum Repertoire derjenigen Infektionskrankheiten, die in Deutschland vorkommen.
imedo: Wie kann es zu einer Übertragung kommen?
Eine Ansteckung kann durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch erfolgen, oral durch kontaminierte Lebensmittel oder Trinkwasser. Ebenso durch ungeschützten Geschlechtsverkehr. Von medizinischer Bedeutung sind auch sogenannte Zoonose-Erreger. Dabei handelt es sich um Krankheitserreger, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden können.
imedo: Welche Symptome deuten auf eine Infektion hin?
Thomas Ziegler: Lokalinfektionen führen in den meisten Fällen zu Entzündungsreaktionen wie lokalem Schmerz, Rötung, Schwellung und Hitzegefühl. Viele systemische Infekte beginnen mit allgemeinem Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen. Die einzelnen Symptome variieren in Abhängigkeit der Pathogenität, also der Fähigkeit zur Schadwirkung des Erregers, zum Teil sehr stark.
imedo: Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Thomas Ziegler: Auch wenn viele Infekte harmlos verlaufen und von selbst wieder abklingen, rate ich prinzipiell dazu, bei den ersten Anzeichen von Unwohlsein einen Arzt aufzusuchen. Dies ist vor allem sehr wichtig, wenn Sie gerade einen längeren Urlaubsaufenthalt in einem tropischen Land hinter sich haben. Da bei ernsthaften Infektionen schnell interveniert werden muss und Zeit oft der entscheidende Faktor ist, sollten Sie lieber einmal zu viel als einmal zu wenig zum Arzt gehen.
imedo: Wie kann ich mich vor einer Infektion schützen?
Thomas Ziegler: Der beste Schutz gegen eine Infektion ist ein intaktes Immunsystem. Körperliche Bewegung, eine gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf sind die Grundvoraussetzungen für eine funktionierende körpereigene Abwehr. Weitere präventive Maßnahmen sind ein ausreichender Basisimpfschutz, der in der Regel alle zehn Jahre aufgefrischt und gegebenenfalls um einzelne Reiseimpfungen ergänzt werden sollte, das Benutzen von Kondomen zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten und eine umfassende Aufklärung über potentielle Erreger und Übertragungswege durch Gesundheitsbehörden und Ärzte.
imedo: Woran muss ich vorsorglich denken, bevor ich mich auf Reisen begegebe?
Thomas Ziegler: Reisende sollten überprüfen, ob Ihr Basisimpfschutz abgedeckt ist und diesen um die notwendigen Reiseimpfungen ergänzen. Ein Gespräch mit dem Arzt und das Mitführen einer Reiseapotheke ist auf alle Fälle empfehlenswert. Welche Impfungen im einzelnen Fall sinnvoll sind, hängt vom jeweiligen Aufenthaltsort ab und sollte individuell mit dem Arzt besprochen werden. Schutzimpfungen gegen die Erreger von Typhus, FSME, Hepatitis A/B, Tollwut, Japanischer Enzephalitis und Gelbsucht kommen in Frage.Vielen Tropeninstitute, Gesundheitsämter und tropenmedizinisch ausgebildete Ärzte bieten Impfsprechstunden an.
imedo: Welche Hygienemaßnahmen muss man auf Reisen besonders beachten?
Thomas Ziegler: Achten Sie darauf, nur abgekochtes Wasser zum Trinken und Zähneputzen zu verwenden. Verzichten Sie auf Eiswürfel in Ihren Getränken und nehmen Sie nur gekochte Lebensmittel zu sich. Der Verzehr von ungeschältem Gemüse, Speiseeis, Milchprodukten, abgestandenen Speisen oder Meeresfrüchten wie Muscheln und Krabben ist nicht empfehlenswert.
imedo: Welche Mittel gehören in eine gut ausgestattete Reiseapotheke?
Thomas Ziegler: Neben Ihren individuellen Medikamenten sollte eine Reiseapotheke folgende Dinge beinhalten: Sonnenschutz, Fieberthermometer, Repellentien - Insekten abwehrende Mittel, Verbandsmaterial wie Heftpflaster, Kompressen, Mullbinden, zudem Schere, Pinzette, ein Mittel zur Wunddesinfektion und gegen Durchfall, wie zum Beipiel Loperamid oder Elektrolyt-Präparate außerdem gegen Verstopfung - Milchzucker, Rizinusöl, Macrogol - und Übelkeit, zum Beispiel Metoclopramid, ebenso Medikamente gegen Fieber und Schmerzen wie Paracetamol, eine Salbe für Zerrungen/Prellungen, Wund- und Brandgel, eventuell auch Silbernitrat-Tabletten zum Entkeimen von Wasser. Achten Sie darauf, dass viele Medikamente kühl gelagert werden müssen, verwenden Sie keine abgelaufenen Arzneimittel und halten Sie Ihre Reiseapotheke griffbereit, am besten im Handgepäck. Medikamente sollten nach Möglichkeit im Inland gekauft werden, da in vielen Ländern Medikamentenfälschungen im Umlauf sind. Für Länder bzw. Regionen mit medizinischer Unterversorgung empfiehlt sich zudem die Mitnahme von eigenen Spritzen und Kanülen.
imedo: Was versteht man unter „Montezeumas Rache“?
Thomas Ziegler: Das ist eine häufig auftretende Reiseerkrankung, die als Reisediarrhoe bezeichnet wird und durch starken, zum Teil mehrere Tage andauernden Durchfall gekennzeichnet ist. Die Ursache hierfür ist eine Infektion mit bestimmten Stämmen von Escherichia coli oder Campylobacter.
imedo: Wie kann ich mich vor Malaria schützen?
Thomas Ziegler: Sie sollten sich in erster Linie vor den Mückenstichen schützen. Hier helfen unter anderem Moskitonetze, verschiedene Repellentien und das Tragen imprägnierter Kleidung. Es gibt vorbeugende Medikamente, Chemoprophylaxen genannt. Diese haben aber teilweise starke Nebenwirkungen oder sind aufgrund der zunehmenden Resistenzbildung wirkungslos. Lassen Sie sich vor Antritt Ihrer Reise unbedingt von einem fachkundigen Arzt nach den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationalen Gesundheit, kurz DGT, beraten.
imedo: Welche Symptome können bei einer Malaria-Infektion auftreten?
Thomas Ziegler: Typische Symptome sind starke Fieberschübe, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen sowie ein schweres Krankheitsgefühl.
imedo: Stichwort: Hepatitis A. Wie kann ich mich schützen? Welche Symptome sind typisch?
Thomas Ziegler: Unter einer Virushepatitis versteht man eine Entzündung der Leber, die auf eine Infektion mit Hepatitis-Viren zurückzuführen ist. Der Erreger der Hepatitis A, der infektiöse Gelbsucht, ist das Hepatitis A-Virus, kurz HAV, das in Südeuropa und in Ländern der Dritten Welt verbreitet ist. Die Übertragung erfolgt in der Hauptsache durch kontaminierte Lebensmittel oder Trinkwasser. Symptome äußern sich durch Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Fieber, Erbrechen und Durchfall. Strikte Hygiene und der Verzicht auf rohe Speisen und Muscheln wirken präventiv. Eine Impfung existiert und sollte bei Reisen in gefährdete Gebiete in Erwägung gezogen werden. In den meisten Fällen heilt eine Hepatitis A ohne Folgeschäden aus.
Zum Thema „Richtig essen und trinken im Urlaub“ bieten die imedo-Gesundheitsnews weitere Informationen.