Mit Schmerzen signalisiert unser Körper, dass etwas nicht in Ordnung ist. Es besteht allerdings die Gefahr, dass Schmerzen chronisch werden. Wenn die eigentliche Ursache behoben ist, die Schmerzen aber immer wieder kommen, sollten Betroffene einen Schmerztherapeuten aufsuchen, empfiehlt das Internet-Gesundheitsportal www.imedo.de.
Normalerweise funktionieren Schmerzen wie Alarmglocken. Egal, ob uns quälende Beschwerden in Kopf, Bauch oder Rücken plagen: Der Organismus will damit meistens signalisieren, dass etwas nicht stimmt. „Solch akute Schmerzen über einen begrenzten Zeitraum hinweg sind hilfreich, weil sie uns warnen“, betont Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie. Wenn die Beschwerden allerdings nicht mehr abklingen, kann die Gefahr einer chronischen Erkrankung bestehen. „Dann kehren die Schmerzen regelmäßig wieder, obwohl ihre konkrete Ursache längst beseitigt ist“, erklärt der Schmerzexperte.
Nach Angaben der Deutschen Schmerzliga leieden in Deutschland bis zu 15 Millionen Menschen an diesen regelmäßig wiederkehrenden Schmerzen. Die Ursachen sind meist sehr unterschiedlich. Am häufigsten führen Rückenprobleme zu dauerhaften Schmerzleiden, dicht gefolgt von Migräne. Auslöser können aber auch verletzte Nerven sein, zum Beispiel nach Unfällen. Dazu haben Patienten mit anderen chronischen Krankheiten wie Rheuma ein erhöhtes Risiko, die Leiden nicht mehr loszuwerden.
Schmerzen können Spuren im zentralen Nervensystem hinterlassen
Verantwortlich ist häufig eine Art Lernprozess des Körpers. „Jeder chronische Schmerz hat mal akut angefangen“, erläutert Müller-Schwefe. Wenn das quälende Gefühl längere Zeit andauere, könne es Spuren im zentralen Nervensystem hinterlassen. Die Nervenzellen gewöhnen sich förmlich daran, massive Schmerzreaktionen auch bei anderen Reizen in Gang zu setzen. „Man spricht auch vom Schmerzgedächtnis“, erklärt der Mediziner: „Manchmal genügt ein Luftzug, und sie feuern los.“
Vom Symptom einer anderen Grunderkrankung ist der Schmerz in solchen Fällen zum eigenen Krankheitsbild geworden. Neben den körperlichen Beschwerden bekommen viele Patienten auch psychische Probleme: Aus Angst vor Schmerzen bewegen sie sich kaum noch, gehen selten aus dem Haus und verlieren den Kontakt zur Außenwelt. „Das gewinnt eine Eigendynamik“, warnt Müller-Schwefe. Die Krankheit stürze die Patienten in einen Strudel, aus dem sie sich selbst kaum mehr befreien könnten.
Gefahr chronischer Schmerzen
Wann ein Schmerz chronisch wird, lässt sich nicht allgemeingültig festlegen. Als Richtschnur gilt, dass die Beschwerden nicht länger als drei bis sechs Monate anhalten sollten. Die Grenze kann jedoch auch deutlich niedriger liegen. Bei Migräne bestehe ein Risiko für chronische Leiden bereits, wenn die Attacken länger als 24 Stunden dauerten oder öfter als zweimal im Monat aufträten, betont der Schmerztherapeut Wolfgang Sohn. Patienten sollten deshalb genau im Auge behalten, wie oft sie an Schmerzen litten und ob die Zeiträume dazwischen zunehmend kürzer würden.
Um die Leiden in den Griff zu bekommen, ist es wichtig, ihren chronischen Charakter möglichst früh zu erkennen. Dennoch müssen viele Patienten lange nach einem geeigneten Spezialisten suchen. „Im Schnitt haben die Leute mindestens drei Jahre Beschwerden und waren bei fünf verschiedenen Ärzten, bevor sie zu einem Schmerztherapeuten kommen“, berichtet Sohn. Fachverbände kritisieren deshalb, dass Schmerz als chronische Erkrankung immer noch nicht ernstgenommen werde und viele Ärzte nicht gut genug ausgebildet seien, um rasch die erforderlichen Behandlungsschritte einzuleiten.
Körpereigene Schmerzkontrolle muss gestärkt werden
Schmerzpatienten benötigen eine spezielle, breit gefächerte Therapie. Medikamente seien nur ein Standbein der Behandlung, betont Müller-Schwefe. Darüber hinaus müsse die körpereigene Schmerzkontrolle der Patienten wieder gestärkt werden, etwa mit Hilfe von Akupunktur oder speziellen elektrischen Reizbehandlungen, bei denen die Nerven stimuliert werden. Nicht zuletzt seien Verhaltenstherapien nötig, um eine offensive Auseinandersetzung mit der Krankheit zu fördern. In speziellen Schmerzzentren, von denen es in Deutschland etwa 500 gibt, arbeiten deshalb oft ärztliche Schmerztherapeuten, Krankengymnasten und Psychologen Hand in Hand.
Schmerzfreiheit nach chronischer Schmerzen ist selten
Komplette Schmerzfreiheit kann dennoch nur selten erreicht werden. Das Ziel sei eher, die Beschwerden zu lindern und den Patienten einen selbstbewussten Umgang mit der Krankheit zu ermöglichen, sagt der Schmerztherapeut Sohn: „Wichtig ist, den Patienten das Gefühl zu vermitteln: Ich bin wieder der Boss, und nicht der Schmerz.“
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