Auf dem Weg zur Stammzelltherapie bei Diabetes oder Parkinson könnte es unerwartete Hürden geben, warnt der Medizin-Nobelpreisträger von 2007, Mario Capecchi. Denn die sogenannten adulten Stammzellen - unspezialisierte Vorläuferzellen, die für die Regeneration und Reparatur von Organen zuständig sind, scheinen deutlich vielfältiger zu sein als bisher angenommen. Das Internet-Gesundheitsportal www.imedo.de berichtet.
Im Darm etwa gibt es nicht nur eine, sondern mehrere Arten adulter Stammzellen, wie Mario Capecchi zusammen mit Kollegen bei Mäusen entdeckt hat. Er hält es durchaus für möglich, dass das auch für andere Organe gilt. Sollte sich diese Vermutung bestätigen, wäre die Entwicklung einer Therapie mit adulten Stammzellen, etwa zur Reparatur von defekten Bauchspeicheldrüsenzellen bei Diabetikern, sehr viel komplizierter als erwartet. Capecchi stellt seine Arbeit in der Fachzeitschrift „Nature Genetics“ vor.
Vorkommen und Aufgabe adulter Stammzellen
Adulte Stammzellen gelten als ethisch unbedenkliche Alternative zu embryonalen Stammzellen, da sie aus normalem Körpergewebe gewonnen werden können. Sie existieren in fast allen Organen, darunter in Gehirn, Leber, Haut und Darm. Die Zellen haben vor allem zwei Aufgaben: Zum einen müssen sie sich selbst immer wieder erneuern, damit das Stammzellreservoir ständig zur Verfügung steht, und zum anderen müssen sie defekte oder geschädigte Zellen ihres jeweiligen Organs ersetzen. Allerdings sind sie nicht so leistungsfähig wie die embryonale Variante: Zwar können sich beispielsweise Stammzellen aus dem Knochenmark in die verschiedenen Blutzellarten verwandeln, jedoch keine Nerven- oder Muskelzellen werden.
Verschiedene Arten von Stammzellen
Obwohl es im Körper eine Reihe verschiedener Stammzellarten gibt, waren Wissenschaftler bisher der Ansicht, dass pro Organ oder Gewebe lediglich eine einzige Sorte Stammzellen existiert. Genau das stellen die Ergebnisse von Capecchi nun infrage. Der Genetiker hatte mit Hilfe eines ausgeklügelten Systems ein bestimmtes, stammzelltypisches Gen im Dünndarm von Mäusen aktiviert und mit einem Farbstoff markiert. Die anschließende Analyse zeigte überraschenderweise jedoch keine gleichmäßige Verteilung der Markierungen im Darm.
Vielmehr kamen die Zellen, die das markierte Gen enthielten, fast ausschließlich in den ersten zehn Zentimetern des Darms vor. Da sich aber die gesamte Schleimhaut des Darms innerhalb von zwei bis fünf Tagen erneuert, müsse es im mittleren und unteren Teil mindestens eine weitere Variante von Stammzellen geben, die für die Regeneration zuständig ist, lautet Capecchis Schlussfolgerung.
Entwicklung der potenziellen Stammzellentherapie
Sollte tatsächlich mehr als eine Stammzellart nötig sein, um eine funktionierende Darmschleimhaut aufzubauen, hätte das auch Konsequenzen für die Entwicklung potenzieller Stammzelltherapien. Ob
diese Komplexität auch beim Menschen zu erwarten ist, kann Capecchi noch nicht sagen - man wisse bisher einfach zu wenig. „Adulte Stammzellen sind immer noch eine riesige Blackbox“, resümiert er.
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