Was soll mit mir passieren, wenn ich einmal nicht mehr in der Lage bin, selbst zu entscheiden? Möchte ich die Entscheidung darüber, ob ich lebensrettende Maßnahmen bekomme oder nicht, meiner Familie, Freunden oder den Ärzten überlassen? Oder ist es besser, bei klarem Bewusstsein eine Patientenverfügung zu verfassen? Diese Fragen stellen sich viele Menschen. Gita Neumann vom Humanistischen Verband Deutschlands in Berlin gab dem Internet-Gesundheitsportal www.imedo.de Antworten.
Die Grünen werben für eine notarielle Beglaubigung der sogenannten Patientenverfügung, also der Verfügung darüber, was in bestimmten krankheits- oder unfallbedingten Notfällen mit dem Patienten geschehen darf und was nicht. Den Gesetzentwurf sollen die CDU und die Grünen gemeinsam auf den Weg bringen. Er sieht eine Abstufung der Verbindlichkeit dieser Verfügungen vor, je nachdem, ob sie von einem Arzt und einem Notar beglaubigt sind oder nicht. Gita Neumann gibt gegenüber imedo zu bedenken, dass, sollte das Staat das Gesetz beschließen, die bereits bestehenden schätzungsweise sieben bis acht Millionen Patientenverfügungen entwertet würden. Erst die geforderte Kombination von ärztlicher und notarieller Beglaubigung würde dann eine unbeschränkte Patientenverfügung bedeuten. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, hatte sich bereits dahingehend geäußert, dass Krankheitsverläufe immer individuell seien und sich nicht einfach per Gesetz regeln lassen: „Deshalb ist es mehr als fraglich, ob mit einem Gesetz zur Patientenverfügung tatsächlich Rechtsklarheit hergestellt werden kann.“
Patientenverfügung ist nicht explizit gesetzlich geregelt: Im Streitfall gilt Richterrecht
Da die Patientenverfügung bisher nicht explizit gesetzlich geregelt ist, gilt im Falle eines Rechtsstreites die Entscheidung des Richters. Dieser würde sich an Präzedenzurteile sowie am Verfassungsrecht orientieren müssen, sagt Neumann. Es gilt der Wille des Patienten. Und dieser ist zu ermitteln. Liegt der Patient im Koma und hat keine Patientenverfügung, müssten Experten die üblichen lebenserhaltenden Maßnahmen eingesetzen. Liegt eine Verfügung aber vor, ist sie für den behandelnden Arzt bindend. Die Rechtslage hierzu ist klar: ein medizinischer Eingriff darf nur mit Einwilligung des Patienten geschehen. Dies bestätigen zwei Grundsatzurteile aus den Jahren 1994 und 2003.
„Das Anliegen Patientenverfügung würde durch eine Überreglementierung ad absurdum geführt“, sagt Gita Neumann. Eine notarielle Beglaubigung würde bedeuten, dass Notare zuallererst einmal über das notwendige medizinische Fachwissen verfügen müssten. Erst dann könnten sie mit ihrem Siegel die Richtigkeit der Verfügung in allen Punkten bestätigen.
Patientenverfügung möglichst präzise verfassen
Neumann geht nicht davon aus, dass der Gesetzentwurf von CDU und Grünen durchsetzbar ist. Auch sie hält es aber für äußerst wichtig, die Patientenverfügung möglichst präzise zu verfassen. Dafür gebe es mehrere Möglichkeiten. Zum einen können sich Interessierte an die Patienten- oder Hospizberatungsstellen wenden, wie beispielsweise den Humanistischen Verband, zum anderen natürlich auch an einen Arzt. Es sei auch immer einfacher, eine Empfehlung für bestimmte Krankheiten zu geben, etwa im Falle eines tödlichen Tumors, als generelle Regelungen zu treffen. Wer seine Verfügung selbst schreiben möchte, hat die Möglichkeit, sich im Internet zu informieren. Das Bundesjustizministerium bietet Muster an, das Bayerische Justizministerium Textbausteine, die Pateinten nach Belieben zusammensetzen können.
Vordrucke von Patientenverfügung individuell anpassen
„In der Regel sind die Vordrucke jedoch zu allgemein“, meint Gita Neumann. Da sie von den unterschiedlichsten Anbietern von A wie Aids-Hilfe, bis Z wie Zeugen Jehovas kommen, besteht hier auch immer die Gefahr, dass sie den Ansprüchen der entsprechenden Einrichtung angepasst sind. Meist fehle ihnen auch die, für das Thema notwendige Individualität. Besser wäre es hier, eine Standarderklärung zu benutzen und diese mit einem Zusatzblatt zu ergänzen. Dieses kann dann die individuellen Wünsche berücksichtigen und auf spezielle Krankheiten eingehen.
Eine Umfrage ergab, dass ein Drittel der deutschen Ärzte Sterbehilfe befürworten. Lesen Sie die imedo-Gesundheitsnews, erfahren Sie mehr.