Jedes Jahr am 9. September, dem Tag des alkoholgeschädigten Kindes, läuten die Kirchenglocken, um auf das Problem des Fetalen Alkoholsyndroms, kurz FAS, aufmerksam zu machen. Und das ist offensichtlich notwendig, denn nur die wenigsten Frauen verzichten während der Schwangerschaft komplett auf Alkohol. Und riskieren mit jedem Schluck schwerwiegende Schädigungen ihres Kindes. Das Internet-Gesundheitsportal www.imedo.de warnt vor Alkoholkonsum in der Schwangerschaft.
Alkohol in der Schwangerschaft kann Fetales Alkoholsyndrom bewirken
In einer Studie der Charité gaben 58 Prozent der befragten schwangeren Frauen an, während der Schwangerschaft gelegentlich Alkohol zu trinken. Jedes Jahr werden 10.000 alkoholgeschädigte Kinder in Deutschland geboren, davon 4.000 Kinder mit dem Vollbild des Fetalen Alkoholsyndroms, einer schweren körperlichen und geistigen Behinderung. Äußerlich erkennbare Symptome sind unter anderem Kleinwuchs, Untergewicht, Kleinköpfigkeit oder eine mangelhafte Muskelentwicklung. Es gibt typische Gesichtsveränderungen wie beispielsweise schmale Lidspalten, ein kurzer Nasenrücken, eine Hautfalte am inneren Augenwinkel und schmale, mangelhaft ausgeformte Lippen. Die Mittelrinne zwischen Nase und Oberlippe ist oft wenig bis kaum ausgebildet. Auch geistige Schäden sind häufig feststellbar. Kinder mit FAS weisen nicht selten Entwicklungsverzögerungen auf, haben Probleme mit dem Sprechen oder Lernen oder sind hyperaktiv. Manche Kinder werden autistisch oder das genaue Gegenteil, sehr vertrauensselig und distanzlos. Viele der betroffenen Kinder sind emotional instabil oder aggressiv, können sich in die Gesellschaft nicht einfügen. Nur etwa 20 Prozent der mit dem Fetalen Alkoholsyndrom diagnostizierten Kinder sind später in der Lage, selbstständig zu leben. Die übrigen 80 Prozent sind ein ganzes Leben lang auf Betreuung angewiesen. Trotz dieser erheblichen Zahl wird FAS kaum thematisiert. FAS stellt die häufigste Behinderung bei Neugeborenen in Deutschland dar, sie tritt doppelt so häufig wie das Down-Syndrom auf - und ist zu 100 Prozent vermeidbar.
Jeder Schluck Alkohol ist gefährlich
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, sagt: „Es gibt keinen sicheren Grenzwert für den ungefährlichen Alkoholkonsum während der Schwangerschaft.“ Das Kind sei dem Alkohol genauso ausgesetzt wie die Mutter, habe allerdings weitaus mehr unter dem Konsum zu leiden, da der Fötus Alkohol erst mit einer Leistung von vier Prozent im Vergleich zur Mutter abbaue. „Ein vollständiger Alkoholverzicht in der Schwangerschaft ist somit unabdingbar.“ Das Bewusstsein um die Existenz des Fetalen Alkoholsyndroms, der Umgang mit den Betroffenen und die Möglichkeit der Prävention sei sowohl bei Ärzten, Hebammen als auch werdenden Müttern noch nicht ausreichend ausgeprägt. Weiter wies Bätzing darauf hin, dass die Gefahren des Alkoholkonsums während der Schwangerschaft häufig verharmlost oder gar nicht wahrgenommen würden. „Viele Schwangere erliegen dem Vorurteil, ein Gläschen in Ehren könne dem Fötus nicht schaden.“ Frauen aus der Mittelschicht würden diesem Irrtum besonders oft erliegen. Bätzing fordert, dass Aufklärung, Beratung und Prävention in der Schwangerschaftsvorsorge optimiert werden. Es reiche nicht, eine rhetorische Frage zum Thema Alkohol zu stellen, die das Nein automatisch mit einschließt.
Die Charité, die die Studie durchgeführt hatte, empfiehlt aufgrund der Ergebnisse freiwillige Fragebogen, wie den sogenannten „Audit-C“ zur Identifikation eines riskanten Alkoholkonsums in der Schwangerschaft einzuführen. Bätzing stimmte dem audrücklich zu und geht noch einen Schritt weiter: „Weitere Empfehlungen, wie die Einführung von neuartigen Biomarkern weisen in die richtige Richtung, müssen aber durch spezifische Schulungen der Ärzte auch greifen.“
Weitere Informationen über das fetale Alkoholsyndrom liefert das imedo-Medizinlexikon.
Die imedo-Gesundheitsnews informieren zudem über Sex nach der Schwangerschaft und das Down-Syndrom