Der Meditation werden allgemein geistig und körperlich entspannende Wirkungen zugeschrieben, die zum Beispiel als Veränderungen der Herz- und Atemfrequenz objektiv messbar sind. Eine aktuelle Studie hat die Aufmerksamkeit von Testpersonen nach längerem Meditieren untersucht und belegt, dass die Technik die Konzentrationsfähigkeit verbessert. Dr. Rose Shaw, Psychotherapeutin aus München, hat in Ihrem Blog Psychologie Aktuell einen Artikel über die Studie übersetzt, die Teil einer groß angelegten Untersuchung über die Auswirkungen der Meditation ist:
Es ist fast unmöglich, seine Aufmerksamkeit für längere Zeit auf ein und dasselbe zu richten. Die neue Studie hat sich der Frage gewidmet, ob buddhistische Meditation die Aufmerksamkeitsfähigkeit eines Menschen verbessern kann. Die Resultate zeigten, dass sich Versuchspersonen nach einem Meditationstraining besser und länger auf eine visuelle Testaufgabe konzentrieren konnten, bei der sie feine Unterschiede wahrnehmen sollten.
Die Untersuchung wurde durch Arbeiten über buddhistische Mönche inspiriert, die sich jahrelang in Meditation üben. „Man fragt sich, ob die geistigen Fähigkeiten, die Ruhe, der Friede, den sie ausstrahlen, ob all diese Charakteristika eine Folge ihres überaus intensiven Trainings sind, oder ob sie einfach schon vorher ganz besondere Menschen waren”, so Katherine MacLean, die an der Studie als Doktorandin an der University of California-Davis mitwirkte. Einer ihrer Betreuer, Clifford Saron, hatte vor Jahrzehnten Studien mit Mönchen durchgeführt und testete die Auswirkungen der Meditation, indem er Freiwilligen ein intensives Training anbot und dann analysierte, wie sich ihre geistigen Fähigkeiten veränderten.
Etwa 140 Leute bewarben für die Teilnahme an der Studie. Sie hatten von ihr durch Bekannte und Anzeigen in Magazinen, die sich an Leser mit einem Interesse an Buddhismus wenden, erfahren. Sechzig Bewerber wurden schließlich für die Studie ausgewählt. Eine Gruppe von dreißig Leuten besuchte eine Meditationsschulung in einem buddhistischen Einkehrzentrum, während die zweite Gruppe auf eine spätere Schulung wartete. Diese zweite Gruppe diente bei der Studie als Kontrollgruppe. Alle Teilnehmer hatten zuvor bereits mindestens dreimal an fünf- bis zehntägigen Meditationsschulungen teilgenommen, so dass die Übungen für sie nichts Neues waren. Für die Studie hielten sich die Teilnehmer drei Monate lang in einem Einkehrzentrum in Colorado auf und erlernten das Meditieren von B. Alan Wallace, einem der Autoren der Studie, der ein Meditationslehrer und buddhistischer Gelehrter ist.
Verbesserte Wahrnehmung und längere Aufmerksamkeitsspanne
Anschließend nahmen die Personen an mehreren Experimenten teil. Die Ergebnisse eines dieser Experimente wurden im Juni 2010 in Psychological Science, einem Journal der Association for Psychological Science, veröffentlicht. Während der Schulung machte jeder Teilnehmer insgesamt dreimal einen Computertest, der Aufschluss über die Aufmerksamkeitsspanne für das Erkennen feiner visueller Unterschiede gab. Dabei konzentrierten sie sich auf einen Bildschirm, auf dem Linien aufblitzten. Die meisten Linien wiesen die gleiche Länge auf, aber in unregelmäßigen Abständen blitzte eine kürzere Linie auf und die Testpersonen sollten mit einem Mausklick antworten. Je länger das Meditationstraining andauerte, desto besser erkannten die Teilnehmer die kurzen Linien. Diese verbesserte Wahrnehmung führte zu einer längeren Aufmerksamkeitsspanne, sodass sich auch die Testergebnisse mit der Zeit verbesserten. Die Verbesserung war auch fünf Monate nach Ende der Schulung noch vorhanden, besonders bei den Teilnehmern, die weiter jeden Tag meditierten.
Meditation als Herausforderung
Der Linientest dauerte 30 Minuten und war äußerst anstrengend. „Dieser Test ist wirklich langweilig, andererseits aber auch völlig neutral. Deshalb ist er geradezu perfekt, um das Meditationstraining zu messen”, sagt MacLean. „Viele Menschen meinen vielleicht, dass man sich durch Meditation besser fühlt, und dass eine Meditationsschulung besuchen wie ein Urlaub ist, wo man Frieden mit sich selbst findet. Das glauben die Leute allerdings nur, bis sie es selbst probiert haben. Dann wird ihnen nämlich klar, was für eine Herausforderung es ist, wenn man einfach nur dasitzt und etwas beobachtet, ohne sich ablenken zu lassen.”
Dieses Experiment ist eines von vielen, die Saron, MacLean und ein Team von fast dreißig Forschern mit der gleichen Gruppe von Studienteilnehmern durchführten. Es ist die bis heute umfassendste Untersuchung über intensive Meditation, in der Methoden der unterschiedlichsten Disziplinen wie der Molekularbiologie, Neurowissenschaften und Anthropologie benutzt wurden. Weitere Experimente mit denselben Freiwilligen zielen auf andere geistige Fähigkeiten ab, zum Beispiel wie gut Menschen ihre Emotionen und ihr allgemeines Wohlbefinden regulieren können.
Quellen:
Association for Psychological Science, 14.7.10
MacLean et al. Psychological Science, 2010
Zur Autorin:
Dr. Rose Shaw
Die Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin mit Praxen in München und Düsseldorf ist zugleich Lehrtherapeutin und Dozentin für verschiedene Ausbildungsinstitute. Einige ihrer Fachgebiete: Verhaltenstherapie bei Erwachsenen und Kindern, Klinische Hypnose, Behandlung von traumatischen Störungen, Prüfungs- und Auftrittsangst, kindlicher Adipositas u.v.m. Neben Artikeln in Lehrbüchern und Fachzeitschriften publizierte die Psychologin auch verschiedene Bücher als Co-Autorin. Mehr von Frau Dr. Shaw in Ihrem Blog Psychologie Aktuell unter www.praxis-dr-shaw.de/blog
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