Pensionäre mit einer Übergangsbeschäftigung werden seltener krank
Eine landesweite Studie in den USA belegt, dass Pensionäre, die von einer Vollzeitbeschäftigung zunächst auf eine Zeit- oder Teilzeitarbeitsstelle wechseln, seltener ernsthaft krank werden und auch sonst im Alltag besser zurechtkommen als solche, die gleich ganz aufhören zu arbeiten. Dieser Unterschied tritt selbst dann deutlich zu Tage, wenn man dabei eine unterschiedliche körperliche und geistig-seelische Gesundheit in der Zeit vor dem Ruhestand berücksichtigt. Die Autoren der Studie bezeichnen solch einen langsamen Wechsel vom Beruf in den vollständigen Ruhestand als eine „Übergangsbeschäftigung”, die eine Teilzeitarbeit, Selbstständigkeit oder eine befristete Stelle sein kann.
Die Ergebnisse erschienen in der Oktoberausgabe 2009 des Journal of Occupational Health Psychology, das von der American Psychological Association herausgegeben wird.
„Wegen der wirtschaftlichen Rezession werden wahrscheinlich mehr Leute über eine Berufstätigkeit auch nach der Pensionierung nachdenken”, so einer der Autoren, Dr. Mo Wang von der University of Maryland. „Diese Ergebnisse unterstreichen den möglichen Nutzen einer Übergangsbeschäftigung.”
Für diese Untersuchung analysierten Wang und seine Mitarbeiter die nationale Studie zur Gesundheit im Ruhestand (National Health and Retirement Study), die vom National Institute on Aging finanziert wurde. Dazu verwendeten sie die Daten von12.189 Studienteilnehmern, die zu Beginn der Studie zwischen 51 und 61 Jahre alt waren. Die Teilnehmer waren von 1992 bis 1998 alle 2 Jahre über Gesundheit, Finanzen, früheres Berufsleben und Lebensumstände vor und nach der Pensionierung befragt worden.
Als Maß für den Gesundheitszustand der Befragten im Verlauf der Studie berücksichtigten die Forscher nur vom Arzt bestätigte Gesundheitsprobleme, wie zum Beispiel hoher Blutdruck, Diabetes, Krebs, Lungen- und Herzkrankheiten, Schlaganfall und psychiatrische Probleme. Zur Kontrolle wurde nicht nur der körperliche und geistig-seelische Gesundheitszustand zu Beginn der Studie festgehalten, sondern auch das Alter, Geschlecht, Bildungsniveau und der gesamte finanzielle Wohlstand.
Die Ergebnisse zeigten, dass Pensionäre mit einer Übergangsbeschäftigung seltener ernsthaft krank wurden und sich aus Gesundheitsgründen seltener einschränken mussten, als Menschen, die sich ganz aus dem Berufsleben zurückzogen.
Noch bessere Ergebnisse bei Übergangsbeschäftigungen mit Bezug zur früheren Tätigkeit
Die Studienteilnehmer beantworteten einen Fragebogen zu ihrer geistig-seelischen Gesundheit. Die Ergebnisse zeigten, dass Menschen, deren Tätigkeit nach der Pensionierung einen Bezug zu ihrem früheren Berufsleben hatte, sich einer besseren Gesundheit erfreuten als solche, die ganz in den Ruhestand getreten waren. Diese verbesserte geistig-seelische Gesundheit wurde allerdings nicht bei Menschen beobachtet, die nach der Pensionierung außerhalb ihres früheren Berufsfeldes weiterarbeiteten. Die Autoren schreiben, das könnte daran liegen, dass sich Pensionäre mit Tätigkeiten außerhalb ihres gewohnten Berufsfeldes an eine andere Arbeitsumgebung und andere Arbeitsbedingungen anpassen müssten und so mehr unter Stress stünden.
Außerdem stellte Wang fest, dass Pensionäre mit Geldsorgen häufiger in einem anderen Umfeld weiterarbeiten, nachdem sie offiziell in den Ruhestand getreten sind. „Diese Menschen wollen vielleicht gar nicht auf einem anderen Gebiet arbeiten, sie müssen es aber”, meint Wang. „Unter solchen Umständen fällt es Pensionären schwer, die positiven Seiten einer Übergangsbeschäftigung zu genießen.” Die Autoren raten daher Pensionären, sich die Art einer Tätigkeit im Ruhestand gut zu überlegen, sofern sie eine Wahlmöglichkeit haben.
Das Potenzial der Ruheständler nutzen
„Wenn sie eine passende Übergangsbeschäftigung wählen, erleichtert das Pensionären den Wechsel in den vollständigen Ruhestand, und das in guter körperlicher und geistig-seelischer Gesundheit”, betont Dr. Kenneth Shultz und fügt hinzu: „Manche Arbeitgeber machen sich Sorgen über einen Arbeitskräftemangel, weil viele Menschen aus den geburtenstarken Jahrgängen in Pension gehen. Vielleicht sollten sie auch über Möglichkeiten einer Übergangsbeschäftigung für ihre eigenen Ruheständler nachdenken.“
Dr. Rose Shaw
[caption id="attachment_16016" align="alignright" width="133" caption="Dr. Rose Shaw"][/caption]
Zur Autorin:
Die Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin mit Praxen in München und Düsseldorf ist zugleich Lehrtherapeutin und Dozentin für verschiedene Ausbildungsinstitute. Einige ihrer Fachgebiete: Verhaltenstherapie bei Erwachsenen und Kindern, Klinische Hypnose, Behandlung von traumatischen Störungen, Prüfungs- und Auftrittsangst, kindlicher Adipositas u.v.m. Neben Artikeln in Lehrbüchern und Fachzeitschriften publizierte die Psychologin auch verschiedene Bücher als Co-Autorin. Weitere Informationen auf www.praxis-dr-shaw.de
Quelle:
Dr. Rose Shaw, Blog „Psychologie Aktuell“, 17. Oktober 2009
Science Daily, Tuesday, October 13; basierend auf Yujie Zhan, Mo Wang, Songqi Liu, Kenneth S. Shultz. Bridge Employment and Retirees’ Health: A Longitudinal Investigation. Journal of Occupational Health Psychology, 2009; Vol. 14, No. 4