Marilyn Monroe, Bruce Willis und Winston Churchill haben eine Gemeinsamkeit: Die Worte kamen oder kommen ihnen nicht so leicht über die Lippen wie anderen Menschen. Das Problem teilen sie mit rund einem Prozent der Menschen weltweit. Stottern – die sprechbedingte Koordinationsstörung - kann für Betroffene zur Dauerqual werden. Kein einfaches Los, aber man kann lernen damit umzugehen und sich helfen zu lassen, wie das Internet-Gesundheitsportal www.imedo.de berichtet.
Wenn man sich heute mit Anja Herde unterhält, merkt man nicht, dass sie eigentlich ein großes Problem hat. Anja stottert seit ihrem vierten Lebensjahr und hatte jahrelang damit zu kämpfen. Jetzt ist sie Vorsitzende des Landesverbands der Berliner Stotterer-Selbsthilfe e.V. Der Weg bis dahin war aber nicht immer ganz einfach. “Als ich noch in der Grundschule war, haben mich meine Mitschüler ausgelacht, wenn ich vorlesen musste”, erzählt die 25-Jährige. “Einen englischen Vortrag musste ich sausen lassen, weil ich einfach zu viel Angst hatte.”
Stottern und Intelligenz hängen nicht zusammen
Weltweit leidet circa ein Prozent der Bevölkerung an Stottern, einer Störung im Ablauf der sprechmotorischen Bewegung. Die zum Sprechen benötigten Muskeln können nicht fließend arbeiten wie bei „normalen“ Menschen. Fünf Prozent aller Kinder stottern. Bei vielen ist es entwicklungsbedingt und verschwindet wieder. „Mit Intelligenz hat das nichts zu tun“, sagt Ellinor Schunack, Logopädin in Berlin. Die Betroffenen dehnen oder wiederholen bestimmte Laute oder Worte. Die Folgen des Stotterns seien Kommunikationsstörungen, weil die Lust am Sprechen verloren gehe, Betroffene hätten Angst vor dem Sprechen, erläutert die Expertin.
Bei den meisten Betroffenen ist das Symptom so ausgeprägt, dass die Sprechangst bei Fremden am größten ist. „Bei mir ist es eher anders. Mein Sprechen ist im direkten Aug-in-Aug-Kontakt flüssiger als bei vertrauten Personen“, sagt Anja Herde. Lediglich Telefonate mit fremden Personen seien für sie eine Herausforderung. Das liege ihrer Meinung nach an dem nur provisorischen Kontakt. Man sei nicht in der Lage die Reaktionen des Gegenüber zu betrachten und dadurch verstärkt sich die Unsicherheit.
Jungen stottern häufiger als Mädchen
Am häufigsten sind Jungs vom Stottern betroffen. “Auf drei Jungen kommt ein Mädchen”, sagt die Logopädin. Die Veranlagung für das Stottern kann erblich bedingt sein. Ob es dann tatsächlich zum Stottern kommt ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Vor allem aber davon, wie die Umwelt auf das Stottern reagiert. Das ist für den Leidensdruck der Betroffenen entscheidend. “Es gibt klassische Fehler, die im Umgang mit Stotternden gemacht werden”, erklärt Ellinor Schunack. Dazu gehörten beispielsweise das Beenden von Sätzen und Wörtern, wenn ein Stotternder hängen bleibt. Häufig kommen von Außenstehenden auch die Ratschläge: “Hör doch einfach auf zu stottern“ oder „Hol' nochmal Luft und fang von vorne an“. Die Betroffenen werden durch solche Äußerungen weiter unter Druck gesetzt und das Stottern verstärkt sich.
Selbsthilfegruppe gibt Mut
Anja Herde hat ihr Stotter-Problem vor allem in der Schule lange Zeit versteckt. Lediglich ihre beste Freundin wusste davon. “Meine mündlichen Noten waren schlecht, aber das konnte ich durch die Schriftlichen ausbügeln”, erklärt die Studentin. Nach dem Abitur hat sie sich Hilfe geholt. In einer Selbsthilfegruppe fand sie Gleichgesinnte und konnte ihre Probleme schildern. Aus eigener Erfahrung weiß Anja Herde, dass viele Menschen Probleme beim Aufbau sozialer Kontakte haben. Die Angst, nicht akzeptiert zu werden, ist einfach zu groß. Die Bundesvereinigung hat deutschlandweit 1400 Mitglieder und in jedem Bundesland einen eigenen Landesverband.
Am effektivsten sei die professionelle Behandlung über einen längeren Zeitraum, sagt Ellinor Schunack. In der sogenannten Intervalltherapie betreut sie einige ihrer Patienten schubweise. Nach einigen Therapiestunden wird das Stottern zwar gemildert, ganz heilbar ist es aber nicht. „Die Therapie mildert den Leidensdruck“, erklärt die Logopädin. Die Betroffenen lernen ihr Stottern kennen und können dadurch lernen, sich selbst zu helfen. “Ich begleite meine Patienten über die Therapie hinaus. Es gibt immer wieder Situationen im Leben in denen das Stottern wieder schlimmer werden kann”, sagt die Expertin. “Da bin ich als Ansprechpartnerin für Betroffene oder Eltern da.”