Sportmediziner, Allergologen, Allgemeinmediziner, Schwimmweltmeister, Kabarettisten und Ernährungsmediziner gehören zum Expertenteam des Gesundheitsportals www.imedo.de. Wöchentlich berichten die Experten darüber, was Anfänger beim Sport beachten sollten, wie Pollen-Allergiker unbeschadet durch den Sommer kommen und wie Reisende im Urlaub gesund bleiben. In dieser Woche schreibt Dr. Thomas Kurscheid über die ernährungsphysiologischen Irrwege der letzten 30 Jahre und die allgemeinen Wissenslücken zur gesunden Ernährung.
Laut der Nationalen Verzehrsstudie können lediglich 8 Prozent der Menschen in Deutschland ihren täglichen Energiebedarf richtig einschätzen – ganze 53 Prozent sind dazu nicht in der Lage. Wer sich gesund ernähren oder sein Gewicht reduzieren möchte, sollte sich einige Grundkenntnisse über alltägliche Nahrungsmittel aneignen. Fehlen diese Kenntnisse gänzlich, ist eine positive Veränderung der Essgewohnheiten nicht möglich.
Grundumsatz an Kalorien variiert stark
Der Grundumsatz eines Menschen, also jene Energie, die der Körper im Ruhezustand verbraucht, um alle Körperfunktionen aufrechtzuerhalten, kann von Mensch zu Mensch erheblich variieren. Die Spanne liegt hier ungefähr zwischen 1.100 und 1.600 Kilokalorien am Tag für Frauen und 1.500 und 2.500 für Männer. Der entscheidende Faktor, um den Grundumsatz zu erhöhen, ist die Muskelmasse, die zum einen genetisch festgelegt, zum weitaus größeren Teil aber über gezielte Kraftübungen trainierbar ist. Es gibt zudem bessere und schlechtere „Futterverwerter“, da einige Menschen tatsächlich mehr der zugeführten Kalorien verwerten als andere. Beides – der Grundumsatz und die Nahrungsverwertung – erklärt, warum bei gleicher Kalorienzufuhr der eine zunimmt und der andere eben nicht. Daher ist wiederum nachvollziehbar, warum keine für jeden gültige Aussage über die optimale Kalorienzufuhr oder die ultimative Diät existiert: Die individuellen Unterschiede zwischen Menschen sind einfach zu groß.
Diäten – Irrwege der letzten 30 Jahre
Ob Kohlsuppendiät oder Atkins, keine Diät kann auf lange Sicht durchgehalten werden – entweder weil sie auf Dauer nicht mehr schmeckt oder weil sie dem Körper nicht gibt, was er braucht. Bei den Diäten gibt es ständig wechselnde Moden, Anschauungen und „Glaubensgemeinschaften“. Aber auch die Ernährungspyramiden als Empfehlungen für einen gesunden Speiseplan werden weiterentwickelt: Waren bis vor Kurzem noch die kohlenhydrathaltigen Speisen wie Reis, Kartoffeln und Nudeln in der Basis stark vertreten, wandelt sich dies im Augenblick. Die jüngsten Empfehlungen kommen aus den USA und besagen, dass Obst und Gemüse die Grundlage einer gesunden Ernährung bilden. Die häufig wechselnden Anschauungen verdeutlichen: Wir müssen uns eingestehen, dass wir immer noch wenig über Ernährung wissen. Das liegt unter anderem daran, dass man nur schwer umfassende Studien durchführen kann. Wer würde schon im Dienst der Forschung zehn Jahre lang Spinat essen?
Die große Diät-Verwirrung
Die Verunsicherung hinsichtlich der Diäten ist verständlich, zumal viele Diäten für kurze Zeit tatsächlich funktionieren. Kein Mensch hält aber über einen längeren Zeitraum den Verzicht auf wichtige Nährstoffe aus, die er eigentlich bräuchte. Wenn er das tut, dann nur um den Preis einer schnelleren Alterung. Mit unserem Körper verhält es sich dann wie mit einem Fahrzeug, in das keine Ersatzteile mehr eingebaut werden, obwohl es einen deutlichen Verschleiß aufweist. Nicht selten ist auch die Wissenschaft an diesem Verwirr-Spiel beteiligt, indem sie alle halbe Jahre mit einer neuen Sensation aufwartet und beispielsweise einen neuen Wirkstoff in einem Gemüse ausfindig macht. Der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung verengt sich dann je nach Forschungsgegenstand auf den Vor- oder Nachteil eben dieses einen Nahrungsbestandteils und populäre Magazine und andere Medien basteln daraus einen Ernährungstipp. Dabei wird jedoch in den seltensten Fällen berücksichtigt, dass Ernährung und Gesundheit ein sehr komplexes Wechselspiel sehr vieler Faktoren sind. Man übersieht dabei gerne die unterschiedliche Veranlagung der Menschen. Nicht alle reagieren auf ein und denselben Ernährungstipp auf die gleiche Weise. Deshalb sind Ernährungslehren, die mit generellen Ge- oder Verboten hantieren, immer mit Vorsicht zu genießen.
Lernen Sie in der imedo-Gruppe „Nahrungsmittel und Inhaltsstoffe“ Grundlegendes zur individuell gesunden Ernährung und tauschen Sie sich dort mit anderen aus.
In der imedo-Gruppe „Diäten“ erfahren Sie, welche Diäten andere Mitglieder der Gesundheitscommunity bereits hinter sich haben und wie erfolgreich diese sind.