Sportmediziner, Allergologen, Allgemeinmediziner, Schwimmweltmeister, Kabarettisten und Ernährungsmediziner gehören zum Expertenteam des Internet-Gesundheitsportals www.imedo.de. Wöchentlich berichten die Experten darüber, was Anfänger beim Sport beachten sollten, wie Pollen-Allergiker unbeschadet durch den Sommer kommen und wie Reisende im Urlaub gesund bleiben. In dieser Woche klärt Dr. med. Michael Prang* aus Hamburg über den Vitamin-C-Bedarf und über Vitamin-C-Infusionen auf.
„Stärken Sie Ihr Immunsystem mit Vitamin-C-Infusionen!“ Diese Aufforderung an das Vitamingewissen habe ich vor Kurzem im Schaufenster einer Apotheke gesehen. Ein seltenes, gar einmaliges und deshalb besonderes Angebot? Nein, meine Recherche ergab, dass Vitamin-C-Infusionen von zahlreichen Apothekern, Heilpraktikern und einigen Ärzten angeboten werden. Und das nicht nur im erkältungsträchtigen Winter, sondern das ganze Jahr über. Die Infusionen müssen die Patienten natürlich selbst bezahlen, da es sich dabei nicht um eine Leistung der Krankenkasse handelt. Meist ist laut Anbieter gleich eine ganze Serie von Infusionen erforderlich.
Vitamin-C-Hochdosistherapien
Dass unser Immunsystem Vitamin C braucht, um optimal arbeiten zu können, weiß jeder Grundschüler; der Tagesbedarf liegt bei 50 bis 100 Milligramm. Eine Orange enthält, je nach Größe und Qualität, etwa 30 bis 70 Milligramm Vitamin C. Eine Infusion dauert etwa 30 Minuten und enthält rund 7,5 Gramm Vitamin C – das entspricht bis zu 250 Orangen oder 150-mal den Tagesbedarf!
Eine Vitamin-C-Infusion würde also zunächst bedeuten, dem Körper zu geben, was er dringend benötigt – jedoch in absurden Mengen. Mitunter preisen Anbieter die Vitamin-C-Infusionen deshalb als Hochdosistherapie an, die Erkältungen vermeiden oder zumindest abschwächen soll. In manchen Fällen wird die Therapie sogar zum Wundermittel gekrönt, das wahlweise bei Rheuma, Krebs, Neurodermitis, Durchblutungsstörungen, Allergien, Infektneigung und verschiedenen anderen Erkrankungen helfen soll.
Wenn es auch auf den ersten Blick plausibel klingen mag, dem Körper reichlich von dem zu geben, was er so dringend braucht: Die Vitamin-C-Hochdosistherapie per Infusion oder in Form von Kapseln oder Brausetabletten ist in den allermeisten Fällen medizinisch nicht gerechtfertigt. Denn bereits bei einer Aufnahme von 100 Milligramm täglich (etwa zwei bis drei Orangen) sind die „Vitamin-C-Speicher“ des Körpers randvoll gefüllt. Was man jetzt noch an Vitamin C zu sich nehmen würde, ganz gleich ob in Form von Obst, Gemüse oder eben per Infusion, das scheidet der Körper in kurzer Zeit über die Nieren und den Urin wieder aus. Oder anders formuliert: Eine einzige Vitamin-C-Infusion kostet zwischen 30 und 50 Euro – und landet doch fast direkt im WC.
Zweifelhafte Wirkung der VItamin-C-Therapie
Bisher fehlen einwandfreie wissenschaftliche Studien, die die Wirkung einer hochdosierten Vitamin-C-Therapie bei Infekten und anderen Erkrankungen eindeutig belegen. Im Gegenteil: Es gibt Hinweise darauf, dass die Gaben hoher Dosen von Vitamin C bei Krebs wirkungslos sind. Zudem besteht bei hochdosierter Vitamin-C-Gabe das Risiko einer Nierensteinbildung.
Es gibt wenige Situationen, in denen der Bedarf an Vitamin C tatsächlich erhöht ist – so etwa bei manchen Leistungssportlern. Für diese Fälle ist der Arzt des Vertrauens der richtige Ansprechpartner. Ansonsten sollte man tun, was einem der gesunde Menschenverstand rät: Jeden Tag reichlich Obst und Gemüse essen! Dadurch erhält der Körper so viel Vitamin C, wie er braucht. Mit der Vitamin-C-Hochdosistherapie würde man sein Geld nur für eine Leistung ausgeben, deren medizinischer Sinn nicht bewiesen ist.
Die imedo-Gesundheitsnews informieren über den richtigen Umgang mit Gemüse und verraten, dass Vitamine keinen Schutz vor Krebs bieten.
Beim Gesundheitsportal imedo.de kann man sich über Vitamin C zur Behandlung und Therapie austauschen.
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*Der Mediziner wirkte langjährig als „Morning Doc“ im SAT.1 Frühstücksfernsehen und ist als Medizinjournalist und Gesundheitspublizist tätig. Er arbeitet mit Men’s Health, Zeit.de, Publik, SAT.1, ZDF, Best Life, Krankenkassen und diversen Tageszeitungen zusammen. Er hat verschiedene Gesundheitsratgeber veröffentlicht und ist Moderator der weltweit ersten medizinischen Videocasts für eine junge Zielgruppe.